Vermeide typische Anlegerfehler!

Vermeide typische Anlegerfehler!

Aller Anfang ist schwer und ich behaupte, dass jeder Anleger in der Anfangsphase des Investierens mindestens einen oder zwei typische Anlegerfehler gemacht hat.

Als ich 19 Jahre alt war, hatte ich zum Beispiel in Aktien von Daimler und SAP investiert. Diese sind dann in den ersten Tagen um ungefähr 10% eingebrochen. Nachdem die Kursverluste wieder aufgeholt waren, verkaufte ich die Aktien sofort wieder, ohne Gewinn, abzüglich Gebühren. Dabei habe ich gleich einen ganzen Sack voll typische Anlegerfehler gemacht, wie du vielleicht im Verlauf des Beitrags erkennen wirst.

Lese dir die folgenden typischen Anlegerfehler aufmerksam durch, damit sollte dir ein möglichst optimaler Start beim Investieren gelingen.

Typische Anlegerfehler

Nicht zu investieren

Der größte Fehler meiner Meinung nach ist es, nicht zu Investieren und die Chancen der Partizipation an der Entwicklung der Wirtschaft zu ignorieren. Vielen ist die Inflation durchaus ein Begriff und trotzdem nehmen sie die schleichende Geldentwertung des Ersparten in Kauf, indem sie es auf nahezu zinslosen Tagesgeldkonten oder Girokonten parken.

Die Frage nach dem Wieso mündet oft in Unkenntnis der Möglichkeiten des Investierens, einem übertrieben negativen Verständnis von Risiko, gepaart mit Investmentpornographie einer von Interessenkonflikten überfrachteten Finanzindustrie.

Risiko nicht verstehen

Was ist Risiko? Diese Frage lässt sich nicht so leicht beantworten. Unter Risiko wird oft die Volatilität des Investments verstanden, oder auch die Gefahr der tatsächlichen Realisierung von Verlusten. Risiko wird von jedem individuell wahrgenommen und hat somit unterschiedliche Auswirkungen. Risiko hat für mich auch immer mit Wahrscheinlichkeit zu tun. Ich stelle mir bei meinen Investmententscheidungen immer Fragen wie:

  • Wie wahrscheinlich ist es, dass… ?
  • Was kann ich tun, um das Risiko zu reduzieren?
  • Was kann ich tun, um die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges zu maximieren?
  • Wie würde ich reagieren wenn…?

Man sollte sich auch immer auf das Worst Case Szenario vorbereiten und sich die Frage stellen, wie reagiere ich, wenn der Markt einbricht und mein Portfolio mit dicken roten -20% oder -40% dasteht? Was bedeutet das in absoluten Euro? Komme ich damit klar? Kann ich das psychisch verkraften? Passt das zu meiner Risikotragekapazität?

Aus eigener Erfahrung kann ich dann nur raten, erstmal nichts zu tun, gelassen günstiger nachzukaufen, also weiter zu investieren und auf die Erholung zu warten. Auf keinen Fall panisch verkaufen. Am Anfang sehe ich es grundsätzlich als sinnvoll an, nicht sofort all-in zu gehen und größere Beträge zu investieren, sondern erst langsam über einen Sparplan mit kleiner monatlicher Rate zu investieren, sich mit der Volatilität anzufreunden und daran gewöhnen, um dann die Sparrate schrittweise zu erhöhen.

Diversifikation vernachlässigen

Viele Anleger achten nicht ausreichend auf ihre Diversifikation und nehmen dadurch höhere Risiken in Form von Volatilität in Kauf, was jedoch nicht durch höhere Rendite entlohnt wird. Einige Risiken würden sich sogar komplett wegdiversifizieren lassen, so zum Beispiel das Einzelaktienrisiko und das Vermögensklassenrisiko.

Einer der Gründe von mangelhafter Diversifikation ist der sogenannte Home Bias Effekt, bei dem man dazu tendiert, nur in regionale Unternehmen oder Branchen zu investieren, bei denen man sich vermeintlich sehr gut auskennt und wohlfühlt.

Selbstüberschätzung

Zu glauben man weiß mehr als alle anderen Marktteilnehmer, oder man kenne sich besonders gut in einer bestimmten Branche aus und hat dadurch einen Vorteil beim Investieren, ist ein weiterer Anlegerfehler.

Wenn ich beispielsweise in der Automobilindustrie arbeite und in Aktien von Firmen aus dieser Branche investiere, ja eventuell sogar in den eigenen Arbeitgeber, dann ist das eine Mischung aus Home Bias und Minusdiversifikation. Wenn es der Branche schlecht geht, dann wird nicht nur meine Investition, sondern eventuell sogar mein Arbeitsplatz in Mitleidenschaft gezogen, es wäre quasi eine Risikobildung oder Risikokonzentration.

Ohne Limit handeln

Egal ob Kauf oder Verkauf von Wertpapieren an der Börse oder dem außerbörslichen Direkthandel, es sollte meiner Meinung nach immer über einen Orderzusatz ein entsprechendes Limit gesetzt werden. So lässt sich die Wahrscheinlichkeit eines bösen Erwachens nach der Orderausführung reduzieren.

Kein Limit bedeutet, es wird unlimitiert gehandelt, auch billigst oder bestens genannt. Dabei bedeutet billigst oder bestens lediglich zum nächst besten Preis, egal wie dieser aussieht. Gerade in Zeiten hoher Volatilität kann das dazu führen, dass meine Order zu einem Preis durchgeführt wird, der so nicht in meinem Sinne war.

Aktives Investieren

Es gibt keine wissenschaftliche Erkenntnis dafür, dass aktives Investieren funktioniert, sprich langfristig eine Überrendite erzielbar ist. Was klar ist, häufiges Kaufen und Verkaufen verursacht höhere Kosten.

Da meiner Meinung nach keiner die Zukunft vorhersagen kann, ist Market Timing Zeitverschwendung, keiner kann immer den günstigsten Einstiegs- und Ausstiegszeitpunkt bestimmen.

Sich an historischen Renditen oder Charts zu orientieren fällt für mich ebenfalls in die Kategorie zu versuchen die Zukunft vorherzusagen.

Investieren mit spekulieren verwechseln

Es sollte zu jedem Zeitpunkt des Investierens immer klar sein, ob ich gerade investiere, oder spekuliere. Viele Anleger glauben zu investieren, tatsächlich machen Sie jedoch nichts anderes als zu spekulieren. Aus meiner Sicht sollte bei einer Investition das vermeidbare Risiko neutralisiert werden, sprich alles was nicht ausreichend diversifiziert ist und einen Anlagehorizont kleiner 5 bis 10 Jahre hat, ist für mich Spekulation.

Investmentpornographie

Die Finanzindustrie lebt vom aktiven Investieren, hier wird am meisten Geld verdient. Deshalb versucht sie, mit tatkräftiger Unterstützung der Medien, das aktive Handeln zu befeuern.

Finanzexperten hauen mehrfach täglich irgendwelche Prognosen raus, heiße Aktien werden beworben, sich ständig ändernde Trends und Hypes werden aufgegriffen. Die Flut an Meldungen soll zum Handeln animieren. Hier die einfache Frage: Kann man die Zukunft vorhersagen? Nein! Meine Lösung, alles einfach ignorieren.

Gutes Unternehmen für gute Aktie halten

Wenn man von einem Unternehmen und dessen Produkte überzeugt ist, dann ist man eher dazu geneigt in dieses zu investieren. Dabei muss es sich jedoch nicht automatisch um ein gutes Investment handeln.

Allein diese Überzeugung ist keinesfalls ausreichend, um eine fundierte Investmententscheidung zu treffen. Wenn man schon in Einzelaktien investieren möchte, dann sollte man den kompletten Weg gehen und eine umfangreiche Analyse vornehmen, das bedeutet kurz – Zeit investieren.

„Vor langer Zeit hat mir Ben Graham beigebracht, dass der Preis das ist, was du zahlst, und der Wert das ist, was du bekommst. Ob wir über Socken oder über Aktien reden – Ich mag es, Dinge zu kaufen, wenn sie heruntergesetzt sind.“
Warren Edward Buffett (* 30. August 1930 in Omaha, Nebraska), Großinvestor

Kosten unterschätzen

Einer der wenigen renditebestimmenden Faktoren, den wir direkt kontrollieren können, sind die Kosten. Diese Kontrolle sollten wir unbedingt ausüben und die Kosten immer im Auge und so gering wie möglich halten. Ein wichtiger Kostenfaktor ist die Depotbank, hier ist ein Online Broker gegenüber der Hausbank vorzuziehen. Mehr zu den Auswirkungen von Kosten findest du im Beitrag ETF, die Qual der Wahl?.

Keine Anlagestrategie haben

Für langfristigen Anlageerfolg ist meiner Meinung nach eine Anlagestrategie unerlässlich, die im Optimalfall nicht jeden Monat geändert wird. Sie ist quasi der rote Faden unseres finanziellen Handelns, der Leuchtturm im Nebel der Finanzindustrie und hilft uns die entsprechende Disziplin aufzubringen, um auch in schwierigeren Phasen nicht die Nerven zu verlieren und durchzuhalten.

In der Anlagestrategie werden Ziele festgelegt, wie beispielsweise wann, wieviel, wie lange und in was investiert wird. Mir hat bei der Festlegung meiner Anlagestrategie das Buch Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs von Gerd Kommer* sehr geholfen.

„Lieber eine Stunde über Geld nachdenken, als eine Stunde für Geld arbeiten.“
John D. Rockefeller (1839-1937), Milliardär

Übersicht verlieren

Keinen Überblick über seine Investments zu haben ist fast so schlimm, wie nicht zu wissen in was man investiert, oder wie das Finanzprodukt funktioniert. Ich rate dir eine einfache Buchführung deiner Investment zu pflegen, um die Kosten überwachen und regelmäßig einen Abgleich mit deiner Anlagestrategie machen zu können.

ROTI ignorieren

Return On Time Invested (ROTI), umschreibt die Frage: Lohnt es sich hier die Zeit zu investieren? Beispielsweise Stock Picking auf Buy & Hold Basis oder Day Trading zu betreiben erfordern unheimlich viel Zeit. Warum deshalb nicht passiv Investieren, dabei Kosten, Zeitaufwand und Risiko minimieren?

Humankapital vernachlässigen

In der Regel ist die Quelle unseres Investierens das eigene Humankapital, sprich unsere Arbeitskraft. Du solltest ständig daran arbeiten dein Humankapital zu erhöhen, indem du dich weiterbildest und versuchst deinen Marktwert zu steigern, um mehr Geld zu verdienen.

Im Optimalfall gelingt es dir mit einem System, dein Einkommen von deiner Arbeitskraft zu entkoppeln, um somit den limitierenden Fakt zu umgehen, dass auch dein Tag nur 24 Stunden hat. Solch ein System ist beispielsweise ein passives Einkommen über einen Youtube Channel oder die Lizenzierung einer bahnbrechenden Erfindung.

Schlussfolgerung

Zusammenfassend würde ich wie folgt vorgehen.

  • Verinnerliche diese typischen Anlegerfehler, um sie zu vermeiden
  • Lerne, dich und deine Risikotragekapazität einzuschätzen
  • Erarbeite dir deine Finanzstrategie
  • Beginne zu investieren

Wenn auch du bereits typische Anlegerfehler begangen und ähnliche Erfahrungen gemacht hast, teile sie hier mit anderen in einem Kommentar.

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